4 Analyse des Outsourcing der Beschaffung

4.1.2 Die Beschaffungsform als institutionelles Arrangement

Auch die in der Praxis zu findenden Organisationsformen des Beschaffungsprozesses können aus transaktionskostentheoretischer Sicht untersucht werden.
In diesem Kontext kommen zwei mögliche Organisationsformen in Frage: Die "outsourced" und die unternehmensinterne Beschaffung.
"Outsourcing, eine Wortschöpfung aus "outside" und "resourcing", bezeichnet generell den Fremdbezug von Dienstleistungen."107
In dieser Arbeit betrachtet man das Outsourcing bzw. Auslagerung der Beschaffungsdienstleistung, wobei man mit einem oder mehreren ausgewählten Dienstleister(n) einen Vertrag abschließt und ihm/ihnen die Beschaffungsaufgaben übergibt, die nicht mehr intern zu erledigen sind. Aus den möglichen Vertragsbeziehungen ergeben sich zwei Hauptgestaltungsformen des Outsourcing der Beschaffung.
"(...) Es kann keine feste Partnerschaft zwischen Unternehmen und Versorgungsdienstleister bestimmt werden, d.h. das Unternehmen wählt für jede Beschaffungstransaktion den jeweils geeignetsten bzw. kostengünstigsten Versorgungsdienstleister aus." 108
Die vertragliche Beziehung ist also kurzfristig und beschränkt sich auf den Austausch der Leistung "Beschaffung" mit der Gegenleistung "Geld", die Bestimmung des Vertragsgegenstandes und der Vertragskonditionen ist sehr genau und die eventuelle Konflikte werden auf dem Rechtsweg gelöst.
Hierbei handelt es sich um einen klassischen Vertrag (Marktsituation), in dem sehr effiziente Anreiz-, Kontroll- und (autonome) Anpassungsmechanismen bestehen.
Wird eine bestimmte Partnerschaft mit einem Versorgungsdienstleister festgelegt, ist die geplante Beziehungsdauer üblicherweise mittelfristig, die Definition der vertraglich vereinbarten Leistung und Gegenleistung ist weniger eindeutig, so dass Unternehmen und Lieferant mit vertraglichem Anpassungsbedarf rechnen.
Aufgrund des offenen Regelungsbedarfs beschränkt sich die Abwicklung der Transaktion nicht auf dem diskreten Akt der Beschaffung, sondern erfordert auch noch nach Vertragsschluss ein gewisses Maß an Entscheidung, Abstimmung und Kooperation der Vertragspartner.
"(...) Z.B. kann sich der Versorgungsdienstleister auch um zusätzlichen Service, wie den Transport und die Logistik kümmern." 109
Dies entspricht der neoklassischen Vertragsform. Im Vergleich zu den Marktmechanismen des Outsourcing nach dem klassischen Vertrag sind die Charakteristika des Outsourcing nach der neoklassischen Vertragsbeziehung schwächer ausgeprägt: Über die vertraglichen hinaus sind zusätzliche Anreiz- und Kontrollmechanismen erforderlich.
Außerdem bietet diese Art von Outsuorcing eine nicht vollständig autonome Anpassungsfähigkeit.
Bei der unternehmensinternen Beschaffung führt die eigene Einkaufsabteilung die Aufgaben aus, die beim Outsourcing der Versorgungsdienstleister übernimmt, so dass die Vertragsbeziehung innerhalb des Unternehmens zustande kommt.
Mit diesem relationalen Vertrag planen die Vertragspartner eine sehr langfristige Beziehung durch Offenheit in der Bestimmung des vertraglichen Gegenstandes. Der Lösungsweg eventuell auftretender Konflikte ist im Rahmen des Vertrags bestimmt.
In Bezug auf die Anreiz- und Kontrollmechanismen ist die interne Beschaffung aus den in Kapitel 3.1.2 erwähnten Gründen ein kostenaufwendiges institutionelles Arrangement. Sie zeigt jedoch Vorteile in Hinblick auf die effiziente (bilaterale) Anpassungsfähigkeit und den schnelleren und kostengünstigeren Informationsaustausch, der auch einen besseren Schutz vor opportunistischem Verhalten ermöglicht.
Folgende Tabelle vergleicht die ausgelagerte mit der internen Beschaffung in Bezug auf die Organisationsformcharakteristika aus der Transaktionskostentheorie.


Tab. 5: Vergleich zwischen ausgelagerter und unternehmensinterner Beschaffung in Bezug auf die Organisationsformcharakteristika aus der Transaktionskostentheorie.


107O.V. (2003), in: http://www.uniware.de.
108Marino V.: Interview, S. xix.
109Marino V.: Interview, S. xix.


4.1.3 Die Beschaffungsformentscheidung nach dem Grundmodell der Transaktionskostentheorie

Aus der Hauptaussage der Transaktionskostentheorie folgt, dass die Beschaffung um so effizienter organisiert und abgewickelt werden kann, je besser die Charakteristika der Organisationsform den sich aus den Beschaffungsdimensionen ergebenden Anforderungen entsprechen.
Also sieht das auf die Beschaffung angewendete Grundmodell der Transaktionskostentheorie folgendermaßen aus:


Abb. 10: Das auf die Beschaffung angewendete Grundmodell der Transaktionskostentheorie.


Wie schon gesehen, ist der Beschaffungsprozess für die B- und C-Teile nicht mit besonderen spezifischen Investitionen verbunden.
Für diese Produkte stellt daher die Marktsituation (Outsourcing) aufgrund seiner starken Anreize und der Wirksamkeit des Konkurrenzmechanismus, welcher opportunistisches Verhalten beschränkt und kostengünstige autonome Anpassungsprozesse ermöglicht, die vorteilhafteste Beschaffungsform dar. Auch bei zunehmenden beschaffungsspezifischen Investitionen kann das Ousourcing (bei B- und C-Teilen) in Form einer neoklassischen Vertragsbeziehung die optimale Lösung gewährleisten.
Das Outsourcing der Beschaffung für die A-Teile (bei denen hohen spezifischen Investitionen getätigt werden) würde die Fremdvergabe einer unternehmensstrategischen Funktion bedeuten, welche direkte Kontrolle und Koordination erfordert.
Deshalb kommt hier das Outsourcing der Beschaffung der A-Güter nicht in Frage. Der in folgender Abbildung illustrierte Zusammenhang gilt also nur für die B- und C-Teile.



Abb. 11: Kostenverlauf der verschiedenen Beschaffungsorganisationsformen in Abhängigkeit vom Ausmaß beschaffungsspezifischer Investitionen unter Unsicherheit.


Somit begründet die Transaktionskostentheorie nicht nur die Existenz des Outsourcing der Beschaffung und der externen Versorgungsdienstleister, sondern bezeichnet vielmehr für die B- und C-Teile das Outsourcing als kosteneffizienteste Organisationsform dieses Prozesses.
Der nächste Abschnitt versucht jedoch, den Vorteil des Outsourcing gegenüber der internen Beschaffung anhand einer Kostenermittlung zu quantifizieren.

 


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