3 Theoretisches Modell zur Analyse des Outsourcing der Beschaffung

3.1.3 Abhängige Variable: Die Organisationsform und ihre Charakteristika

"Die Transaktionskostentheorie definiert und differenziert alternative institutionelle Arrangements auf vertragstheoretischer Basis."37
Williamson unterscheidet drei Formen von Vertragsbeziehungen - nämlich klassische, neoklassische und relationale - die der Abwicklung von Transaktionen jeweils über den Markt, über langfristige Verträge und in Organisationen entsprechen38.
Ihre Charakteristika sind vier wichtige Einflussgrössen auf die Effizienz der Abwicklung und Organisation von Transaktionen: Die Anreizintensität, die Kontrollmechanismen, die Anpassungsfähigkeit sowie die Kosten der Etablierung und Nutzung des institutionellen Arrangements.39
Klassische Vertragsbeziehungen zeichnen sich durch kurze Dauer, durch die eindeutige Definition der vereinbarten Leistungen und Gegenleistungen und der Transaktionsbedingungen, sowie durch eine sich auf den diskreten Akt der Transaktion beschränkende persönliche Interaktion der Vertragspartner aus.40
Eventuelle Konflikte, die in Bezug auf die Austauschbeziehung und deren Folgen entstehen, entwickeln sich in der Regel zu einem Fall für die Gerichte. Klassische Vertragsbeziehungen kennzeichnen die institutionelle Form der Abwicklung von Transaktionen durch den marktlichen Austausch zwischen autonomen Transaktionspartnern.41
"Leistungen und Gegenleistungen sind unmittelbar und eng gekoppelt, sowie in einem hohen Masse monetär bewertbar. Da jede Steigerung des Nettonutzens der Transaktion den Transaktionspartnern direkt zufliesst, besitzt jeder Transaktionspartner ein starkes Interesse daran, seine Ressourcen so effizient wie möglich einzusetzen.
Dieses starke Interesse wird durch die Konkurrenz noch gesteigert, der die Transaktionspartner bei klassischen Vertragsbeziehungen aufgrund der geringen Spezifität der Güter oder Leistungen und infolge der relativ einfachen Vergleichbarkeit der Vorteilhaftigkeit verschiedener Transaktions(-partner)alternativen oft ausgesetzt sind.42"
Die Kontrollmechanismen sind dabei auch deshalb sehr kostengünstig, weil aufgrund der glaubhaften Drohung mit rechtlichen Sanktionen oder dem Entzug von Ausschlussaufträgen oft ein starker Anreiz besteht, die Verträge zu erfüllen.43
Darüber hinaus bietet der klassische Vertrag eine hohe und kostengünstige Anpassungsfähigkeit an geänderte Verhältnisse, wie die Änderung der Nachfrage, des Angebots oder der Faktorpreisrelationen.
Er ermöglicht autonome Anpassungsfähigkeit, d.h. jeder Transaktionspartner kann seine Allokationsentscheidungen kurzfristig und unabhängig, ohne sie mit anderen abstimmen zu müssen, an die geänderten Bedingungen anpassen.44
Also verursachen sowohl die Vereinbarung als auch die Überwachung und Durchsetzung der Vertragserfüllung - durch die präzise Bestimmung des Gegenstandes eines klassischen Vertrages - einen geringen Aufwand.
Relationale Vertragsbeziehungen sind charakterisiert durch die Etablierung einer sehr langfristigen Austauschbeziehung zwischen den Transaktionspartnern und durch Offenheit in der Ex ante-Definition von Leistungen und Gegenleistungen. Konflikte werden intern über die Hierarchie entschieden und ohne Einschaltung der Gerichte gelöst.45
Auf relationalen Verträgen basiert die institutionelle Form der Abwicklung von Transaktionen in Organisationen.46
Im Vergleich zu klassischen Austauschbeziehungen sind hier die intern wirkenden Anreize zu effizientem Ressourceneinsatz schwächer ausgeprägt, da Leistungen und Gegenleistungen infolge von Mess- und Zurechnungsproblemen oft nicht unmittelbar und eng gekoppelt sind.
Auch die fehlende direkte Konkurrenz verhindert, dass die Inputfaktoren gemäss ihrer Grenzproduktivität entlohnt werden. Zwar können - durch interne Verrechnungspreissysteme und andere bürokratische Steuerungs- und Anreizsysteme - die Anreizwirkungen des Marktes intern simuliert und die bestehenden Anreizdefizite kompensiert werden, aber die Effektivität dieser Maßnahmen wird durch die Messproblematik beeinträchtigt. Darüber hinaus fallen Kosten für die Etablierung und Nutzung an.47
"Eine weitere Implikation der Probleme der Leistungsmessung besteht darin, dass die Beschäftigten versuchen können, einen geringeren als den vereinbarten (und entlohnten) Beitrag zu leisten oder andere Inputfaktoren über Gebühr zum eigenen Vorteil auszubeuten. Um diese Möglichkeit opportunistischen Verhaltens einzuschränken, werden in Organisationen (aber auch in einigen hybriden institutionellen Arrangements) spezifische bürokratische Steuerungs- und Kontrollsysteme institutionalisiert, die ebenfalls zu einer Steigerung des Kostenniveaus beitragen."48
Jedoch besitzt die organisationsinterne Leistungserstellung Vorteile, z.B. in Hinblick auf die sogenannte bilaterale Anpassungsfähigkeit.49
Mit Leichtigkeit können Faktorkombinationen zweckgerichtet auf die jeweiligen Erfordernisse abgestimmt und an geänderte Bedingungen angepasst werden.
"Ein weiterer Vorteil besteht in der besseren Information über die Leistungs- und Kombinationsfähigkeit verschiedener Inputfaktoren.
Weil über interne Ressourcen bessere Informationen bestehen als über externe und weil Informationen intern überdies einfacher und kostengünstiger beschafft werden können (Cheung 1983), ist es möglich, Ressourcen organisationsintern in produktiverer Weise zu kombinieren als bei marktlich vermittelten Prozessen. Darüber hinaus ermöglicht die bessere Information einen effizienteren Schutz vor opportunistischem Verhalten." 50
Für diese Vorteile entstehen jedoch bürokratische Kosten und allgemeiner Kosten für die Etablierung und Nutzung der Vertragsbeziehung. 51
Neoklassische Vertragsbeziehungen liegen solchen Transaktionen zugrunde, die in hybriden institutionellen Formen zwischen Transaktionspartnern vollzogen werden, wobei sie in Bezug auf alle vier von Williamson definierten Einflussgrössen auf die Effizienz der Abwicklung und Organisation von Transaktionen eine Mittelstellung zwischen Markt und Organisation einnehmen. 51
Also sind hier, im Unterschied zu klassischen Verträgen, nicht sämtliche Bedingungen, die die Kosten und Nutzen der Transaktion beeinflussen, von den Transaktionspartnern vollständig antizipiert und präzise festgelegt.
"Neoklassische Vertragsbeziehungen sind daher oft durch Anpassungs- und Sicherungsklauseln sowie die Institutionalisierung privatrechtlicher Konfliktregelungsmechanismen gekennzeichnet. (...) Die Transaktionspartner versuchen, zumindest zunächst, Konflikte über Schiedsgerichte zu lösen anstatt sie an die Gerichte zu verweisen (MacNeil 1978; Williamson 1991)." 53
Zusammenfassend ergibt sich in Hinblick auf die Transaktionscharakteristika der drei grundlegenden alternativen institutionellen Arrangements folgende Tabelle.


Tab. 3: Transaktionscharakteristika der drei institutionellen Arrangements.54


37Ebers/Gotsch (1995), S. 214.
38Vgl. Williamson (1985).
39Vgl. Williamson (1991), S. 277 ff..
40Vgl. MacNeil (1987), S. 275.
41Vgl. Williamson (1985), S. 69.
42Ebers/Gotsch (1995), S. 216.
43Vgl. Ebers/Gotsch (1995), S. 216.
44Vgl. Williamson (1991), S. 278.
45Vgl. MacNeil (1974), (1978); Williamson (1991).
46Vgl. Williamson (1985), S. 75 ff..
47Vgl. Ebers/Gotsch (1995), S. 217.
48Ebers/Gotsch (1995), S. 217.
49Vgl. Williamson (1991), S. 278 ff..
50Ebers/Gotsch (1995), S. 217.
51Vgl. Williamson (1991), S. 279.
52Vgl. Williamson (1991), S. 280 ff..
53Ebers/Gotsch (1995), S. 215.
54Vgl. Williamson (1991), S. 281; Ebers/Gotsch (1995), S. 218.


 


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